Thirdhand Husband

Geposted von Anja Murjahn am

Die STYLE DEFINERY KOLUMNE -
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Foto: Nathalie Zimmermann

Als ich kürzlich bei einem Abendessen erzählte, was ich beruflich mache und welche Herausforderung es immer noch ist, insbesondere die Frauen meiner Generation für das Thema Second Hand zu begeistern, nickte meine Tischnachbarin und sagte, dass auch sie nie etwas Gebrauchtes tragen würde. Das fände sie einfach einen komischen Gedanken. Da ich niemand bin, der den Anspruch hat, andere Menschen in irgendeiner Art und Weise zu bekehren, lächelte ich nur und sagte gar nichts. Insgeheim dachte ich mir aber, dass die Tatsache, dass sie die mittlerweile dritte Ehefrau ihres Mannes ist, eine ganz andere Sprache spricht. Zweifelsohne hat ein Mann Mitte 60, der bereits zweimal verheiratet war, mehr Gebrauchsspuren als eine chemisch gereinigte Pre-Owned Bluse von Gucci. Und eine Secondhand Tasche von Hermès oder Chanel mag zwar irgendwann an den Ecken ein kleines bisschen abgewetzt sein, aber im Zweifel ist sie dennoch beständiger als die durchschnittliche deutsche Ehe. Ich weiß, wovon ich spreche. Auch bei meinem Ex-Mann und mir kam leider irgendwann der Punkt, an dem wir uns eingestehen mussten, dass wir einfach zu verschieden sind und unsere Vorstellungen davon, was uns im Leben wirklich wichtig ist, um glücklich zu sein, zu weit auseinandergehen. Statt zusammen zu bleiben, bis dass der Tod uns scheidet, übernahm diesen Job ein schnödes Amtsgericht.

Immerhin konnten wir nach unserer Trennung auf zwölfeinhalb gemeinsam verbrachte Jahre zurückschauen, trotzdem habe ich viele Klamotten, die länger gehalten haben als der von uns im September 2004 geschlossene heilige Bund. Meine erste Tasche von Gucci, die ich mir 1998 anlässlich der Geburt meiner ältesten Tochter selbst schenkte, ist heute noch wunderschön und absolut tragbar. Sie hat zwar ein paar Flecken auf dem Innenfutter, ist ansonsten aber in tadellosem Zustand und ein absoluter Hingucker. Die Tasche begleitet mich nun länger als jeder Mann, mit dem ich jemals zusammen war - und wenn das kein Qualitätsbeweis ist, dann weiß ich es wirklich nicht. Natürlich möchte ich Männer keinesfalls mit Handtaschen oder Kaschmirpullovern vergleichen, aber es ist trotzdem ein schöner Gedanke, dass es Dinge gibt, die einfach „forever“ sind. Dass ich für derlei Versprechen anfällig bin, sieht man mir scheinbar auch an. Heute scharwenzelte ein Strandverkäufer an meiner Liege vorbei und pries Strohhüte an. Davon habe ich eigentlich mehr als genug, aber als er mir einen zur Ansicht reichte mit den Worten “They have lifelong guarantee”, war ich sofort geneigt, ihm Glauben zu schenken, schlug zu und bin nun stolze Besitzerin eines Schlapphuts für 15,- Euro, der mich hoffentlich bis ins Altersheim begleiten wird.

Euch eine wunderschöne Woche.

LOVE, Anja

 

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