Nicht ohne meine Mangel

Geposted von Anja Murjahn am

Die STYLE DEFINERY KOLUMNE -
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In meiner letzten Kolumne habe ich es schon angedeutet: Bei mir stehen die Zeichen auf Trennung. Zum Glück nicht von einem Mann, aber von einem Großteil meines Hausstandes - und das ist ebenfalls eine recht schmerzhafte Angelegenheit, zumindest bei einigen Dingen, die mir über die Jahre so sehr ans Herz gewachsen sind, dass ich mir ein Leben ohne sie nur schwer vorstellen kann. Eine davon ist zum Beispiel meine Miele Wäschemangel, die nun schon über ein Jahrzehnt an meiner Seite ist und der ich viele schöne Momente zu verdanken habe. Das ist mein voller Ernst. Ich weiß gar nicht, wie oft ich abends in meiner Waschküche saß, in der eine schöne Lampe gemütliches Licht stiftete, Madeleine Peroux „Dance me to the end of love“ sang und ich vom Achselshirt bis zur Zipfelmütze alles mangelte, was ich in die Finger bekam. Mangeln macht glücklich, zumindest mich. Es ist eine stille, sanfte Beschäftigung, an deren Ende fast immer ein Erfolgserlebnis steht und bei der es immer so riecht wie früher, als ich noch ein Kind war und mich unbeschwert durchs Leben treiben ließ. Wenn es mir schlecht geht oder ich einfach nur mal eine Ablenkung von irgendwelchen Alltagssorgen brauche, werfe ich die Mangel an, glätte Kopfkissenbezüge, Geschirrhandtücher und sogar die Unterhosen meines Sohnes und fühle mich zwei Körbe voller Wäsche später wie ein Bergsteiger auf dem Gipfel - gut, zufrieden und mit der Welt im Reinen.

Nun aber ziehe ich aus dem Haus aus, in dem ich so viele Jahre gemeinsam mit meinen Kinder gelebt habe und verkleinere mich drastisch, was meine Wohn- und Staufläche betrifft. Es gibt so vieles, das ich nicht werde mitnehmen können: All die Unmengen an Geschirr, Besteck und Töpfen, meine Brotschneidemaschine und meinen Entsafter, meine Eismaschine und einen nie benutzten Slowcooker, von all den vielen Möbeln, Klamotten, Büchern, CDs, DVDs, Fotos, Kosmetik und alten Spielsachen, Tischtennisplatten und Gartenmöbeln mal ganz zu schweigen. Aktuell herrscht bei mir eine Stimmung wie in einem typischen Matratzenlager an einer viel befahrenen Kreuzung: (Fast) alles muss raus! Aber okay, das bekomme ich hin.

Angesichts meiner beruflichen Tätigkeit als Fachfrau in Sachen Nachhaltigkeit weiß ich, wie ich meine Besitztümer reduzieren kann, ohne dabei mehr als unbedingt nötig wegzuwerfen. Meine schönsten Designerfummel, die entweder von der Größe her oder in Sachen Lifestyle nicht mehr passen, gehen natürlich in die Style Definery und bekommen dort im Herbst eine eigene, kleine „Private Sale“-Abteilung. Die Kleidungsstücke, die dafür nicht geeignet sind, biete ich sowohl auf analogen wie auf digitalen Flohmärkten an oder verschenke sie. Für alles andere gibt es zum Glück Ebay. Ich muss mich da zwar erstmal etwas reinfuchsen, aber mit ein wenig Übung werde ich bis Ende des Jahres hoffentlich zum Ebay-Meister. Nur meine Mangel bereitet mir ernsthaftes Kopfzerbrechen. In meiner Wohnung ist dafür kein Platz, ganz egal, wie oft ich sie auch ausmesse, aber die Vorstellung, sie abzugeben, macht mich tatsächlich traurig. Deshalb war ich von Donnerstag bis Sonntag jeden Tag eine Stunde im Keller und habe gewaschen und gemangelt wie eine Verrückte. Im Moment gibt es in meinem alten Haus nicht ein Stück Stoff, das nicht so glatt ist wie das Hinterteil eines Neugeborenen. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass wir uns voneinander verabschieden müssen.

Welch glücklicher Zufall also, dass ich am Wochenende beim Aussortieren und Ordnen meiner Besitztümer im Keller auf einige stark angelaufene Gegenstände aus Silber stieß. Wie gemacht für die Home-Abteilung von Style Definery, aber selbstverständlich nur in erstklassigem Zustand. Und so habe ich ohne darüber nachzudenken oder es gar zu planen, ein neues Haushaltsritual geschaffen, das sich selbst in der kleinsten Hütte verwirklichen lässt: Silber putzen. Denn auch, wenn ich einen Großteil meiner Silberschalen, Kerzenleuchter oder meinen Champagnerkühler nicht behalten werde, so bleiben mir doch immer meine Eierbecher oder mein Hochzeitssilber. Das kann ich putzen, wann immer mir danach ist und dabei an meine Mangel denken, die hoffentlich ebenso wie all die vielen schönen Dinge, die wir täglich in der Sale Definery verkaufen, ein liebevolles neues Zuhause finden wird.

Euch eine wunderschöne Woche.

LOVE, Anja

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