Tanktop LOVE

Geposted von Anja Murjahn am

Die STYLE DEFINERY KOLUMNE -
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Foto: Anno dazumal by @ Anja Murjahn

Als ich den Mann, mit dem ich spontan gerne den Rest meines Lebens verbringen wollte, zum ersten Mal sah, trug ich ein ausgeleiertes Unterhemd. Genau genommen war es zwar kein Unterhemd im eigentlichen Sinne, also kein Feinripp von Schießer & Co., aber es war mein heiß geliebtes und dadurch auch ziemlich abgenudeltes Tanktop von Lala Berlin, das vermutlich nicht meine erste Wahl gewesen wäre, hätte ich geahnt, dass mich an diesem lauen Sommerabend die Liebe treffen würde wie der Blitz.

Besagter Mann und ich liefen uns im Vorgarten eines wunderschönen griechischen Lokals über den Weg, kamen spontan ins Gespräch, tranken Rosé und tauschten uns aus über unsere gemeinsame Liebe zu L.A. und Instantkaffee. Die Zeit rauschte nur so davon und anders als sonst machte ich mir keinerlei Gedanken darüber, wie ich aussah oder was ich anhatte – nämlich das bereits erwähnte Oberteil.

Letzteres ist ein echtes Lieblingsstück, das mich durch viele Phasen meines Lebens begleitet und dementsprechende Gebrauchsspuren hat. Es war auf sommerlichen Grillpartys ebenso dabei wie unter dicken Wollpullis beim Skifahren, beim stundenlangen Netflixen auf dem Sofa und tränenreichen Weinabenden mit der besten Freundin. Ich trage es besonders gerne in Momenten, in denen ich mir selbst nahe sein möchte, denn es schmiegt sich an den richtigen Stellen an meinen Körper und ist es wie eine zweite Haut, in der ich mich entspannt und wohl fühle. Außerdem hielt der Begriff „Tanktop“, dessen Ursprung die ärmellosen, enganliegenden Anzüge waren, die Männer Anfang des 20. Jahrhunderts beim Schwimmen trugen, laut Wikipedia 1968 Einzug in den deutschen Sprachgebrauch – und das ist wiederum mein Geburtsjahr. Mehr Fashion-Bonding geht nicht….

Nun liegt es in der Natur der meisten Frauen (und vermutlich auch Männer), außerhalb der eigenen vier Wände - und manchmal auch innerhalb derselben - einigermaßen ordentlich und dem jeweiligen Anlass entsprechend gekleidet zu sein. Hätte ich also auch nur die blasseste Vorstellung davon gehabt, wie sich der besagte Sommerabend entwickeln würde, hätte ich wie bereits erwähnt vermutlich eine etwas andere Kleiderauswahl getroffen, denn „lässig entspannt“ und „verwaschen mit mehreren Löchern“ sind dann doch zwei Paar Schuhe. Aber ich wusste es eben nicht, sondern begann meinen Abend frei von jeglicher Erwartungshaltung und damit so entspannt und in mir und meinem Tanktop ruhend wie nur eben möglich. Am Ende des Abends war ich rauschend verliebt, mit 1000 Schmetterlingen im Bauch und aufgeregt wie zu jenen Teenagerzeiten, als das erste ärmellose Oberteil von vielen in meinen Kleiderschrank zog. Geblieben sind die meisten davon – ebenso wie der Mann aus jenem Sommer, mit dem ich mir mittlerweile sogar einen Schrank teile.

Und damit steht am Ende die Erkenntnis, dass es auch in einer Welt, in der alle ständig versuchen, zu beeindrucken, möglich ist, in einem alten Tank-Top aufzutauchen und dabei die Liebe seines Lebens zu finden. Es geht nicht darum, ständig das neuste und hippste Fashionpiece mit dem größten Logo zu tragen, sondern seinen eigenen Stil zu finden, in dem man sich wohl und nicht verkleidet fühlt. Denn nichts ist so attraktiv und anziehend ist wie Authentizität.

Euch eine wunderschöne Woche!

LOVE, Anja

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